Meereswissenschaftliche Berichte No 55 2003 - Marine Science Reports No 55 2003
http://doi.io-warnemuende.de/10.12754/msr-2003-0055
doi:10.12754/msr-2003-0055
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Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 2002

Die Schwermetallsituation in der Ostsee im Jahre 2002

Nausch, Günther; Feistel, Rainer; Lass, Hans Ulrich; Nagel, Klaus; Siegel, Herbert; Pohl, Christa; Hennings, Ursula

Abstract. Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 2002: The winter of 2001/2002 was the fifth mild winter in succession. Moreover, it belongs to a period of relative mild winters which started 1987/1988. In the southern Baltic Sea anomalies up to +4.8 oC were observed in February. Indeed, positive deviations from the long-term mean air temperature continued until September, with very warm air masses from southern Europe causing unusually stable "subtropical" conditions in August and the first part of September. All in all, the summer of 2002 was the second warmest since 1890, at least for the southern Baltic Sea area. Only that of 1997 was warmer. However, not only was the first half of 2002 unusually warm. During all months precipitation in the western Baltic drainage area was abnormally high. For example, precipitation in north-east Germany in February was 273% of the average. With a spatial average of 1018 mm the year 2002 was the richest in percipitation since the beginning of German wide calculations in 1901. Consequently, riverine flows and with them nitrogen inputs into the Baltic Sea were exceptionally high. High nutrient inputs enhanced algal blooms from spring onwards. With the development of a strong thermohaline stratification in the western Baltic Sea in June, oxygen concentrations in the near bottom waters began to decrease through processes of mineralization of sedimenting organic matter. A long period of sunny, warm, and calm weather conditions in late summer then caused the oxygen situation in the near bottom waters to deteriorate rapidly. Oxygen levels fell to the limit of detection and there was production of hydrogen sulphide. The result was a wide-range depletion of bottom fauna in Danish and German waters and reports of fish kills over wide areas of the western Baltic Sea. The affected areas were larger than ever observed before, covering the area between Kattegat and Mecklenburg Bight. Stronger winds in early autumn, however, led to a slight improvement in the situation. In the further course of the year, oxygen conditions returned to normality. In 2002, the western Baltic experienced an exceptional frequency and duration of easterly and southerly winds, which hardly favoured major gale-forced inflow events from the North Sea, but partly led to unusual ways of water exchange between the Kattegat and the Baltic. In August/September, the Darss Sill mast dominantly recorded inflowing waters in a thick bottom layer with high salinity and oxygen content between 4 and 1 ml/l, which carried exceptionally warm water into the adjacent basins. In October/November 2002 an additional small inflow occurred, driven by westerly winds, which added even more remarkably warm water and apparently caused a ventilation of the Gdansk Basin by November 2002. Eye-catching warm waters later propagated further towards the eastern Gotland Basin and improved along their way the stagnation conditions below the halocline. The intermittent water renewal in January, caused by arriving North Sea waters which entered the Baltic in autumn 2001, could already no longer be observed in summer 2002.

Abstract. Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 2002: Der Winter 2001/2002 war der fünfte milde Winter in Folge und gehört damit zur Periode relativ milder Winter, die 1987/1988 begann. In der südlichen Ostsee wurden im Februar Anomalien bis +4.8°C beobachtet. Ursache waren positive Abweichungen der Lufttemperatur, die bis zum September andauerten. Besonders im August und in der ersten Septemberhälfte verursachten sehr warme Luftmassen aus Südeuropa stabile "subtropische" Bedingungen. Insgesamt war der Sommer 2002 zumindest im Bereich der südlichen Ostsee der zweitwärmste seit 1890. Lediglich der Sommer 1997 war noch wärmer. Die erste Jahreshälfte 2002 war jedoch nicht nur ungewöhnlich warm. Dieser Zeitraum war gleichzeitig in allen Monaten durch extrem hohe Niederschläge im Einzugsgebiet der westlichen Ostsee gekennzeichnet. So betrug der Niederschlag im nordöstlichen Deutschland im Februar 273% des Durchschnittswertes. Mit einem Flächenmittel von 1018 mm war 2002 das niederschlagsreichste Jahr seit Beginn (1901) der deutschlandweiten Berechnungen. Daraus resultierend war auch das Flusswasserzufuhr und mit ihr die Stickstoffeinträge in die Ostsee außergewöhnlich hoch. Die hohen Nährstoffeinträge verursachten seit Beginn des Frühjahrs Algenblüten. Im Juni bildete sich eine starke thermohaline Schichtung in der westlichen Ostsee heraus. In der Folge begannen die Sauerstoffkonzentrationen in der bodennahen Schicht durch Mineralisationsprozesse des sedimentierenden organischen Materials zu sinken. Eine lang anhaltende Periode sonnigen, warmen und ruhigen Wetters im Spätsommer führte dann zu einer dramatischen Verschlechterung der Sauerstoffbedingungen. Sauerstoff war teilweise nicht mehr nachweisbar und es kam zur Bildung von Schwefelwasserstoff in Bodennähe. Das Ergebnis war eine weitreichende Schädigung der Bodenfauna in dänischen und deutschen Gewässern. Fischsterben wurden in weiten Gebieten der westlichen Ostsee beobachtet. Das betroffene Gebiet war größer als jemals zuvor beobachtet und reichte vom Kattegatt bis zur Mecklenburger Bucht. Stärkere Winde zu Beginn des Herbstes führte zu einer leichten Verbesserung der Situation. Im späteren Verlauf des Jahres wurden dann wieder normale Sauerstoffbedingungen registriert. Das Jahr 2002 war in der westlichen Ostsee auch durch eine außerordentliche Häufigkeit und Dauer von östlichen und südlichen Winden gekennzeichnet. Diese Bedingungen haben sturmbedingte Einstromereignisse aus der Nordsee kaum begünstigt, führten aber teilweise zu ungewöhnlichem Wasseraustausch zwischen Kattegatt und der Ostsee. Im August und September wurde am Messmast auf der Darßer Schwelle in einer ausgeprägten Bodenschicht überwiegend einströmendes Wasser mit hohem Salzgehalt und Sauerstoffkonzentrationen zwischen 4 und 1 ml/l registriert. Durch diesen Einstrom gelangte zudem außerordentlich warmes Wasser in die nachfolgenden Becken. Verursacht durch westliche Winde erfolgte im Oktober/November 2002 ein weiterer kleiner Einstrom, der ebenfalls bemerkenswert warmes Wasser in die Becken transportierte und zu einer Belüftung des Danziger Beckens im November 2002 führte. Die auffällig warmen Wassermassen drangen später weiter in Richtung des östlichen Gotlandbeckens vor und verbesserten auf ihrem Weg die Sauerstoffbedingungen unterhalb der Salzgehaltssprungschicht. Die kurzzeitige Wassererneuerung im Januar durch das Eintreffen von Nordseewasser, das im Herbst 2001 in die Ostsee geströmt war, konnte schon im Sommer 2002 nicht mehr beobachtet werden.

Abstract. Die Schwermetallsituation in der Ostsee im Jahre 2002: The 2002 results of heavy metal monitoring in Baltic Sea water revealed no pronounced changes compared to previous years. In relation to the central Baltic Sea, elevated levels of suspended particulate material (SPM), Pb(dissolved), Pb(SPM), Cu(dissolved), Cu(SPM), Zn(dissolved), and Zn(SPM) were observed in the western Baltic Sea, which is attributed to the wind induced mixing of the watercolumn coupled to a more or less enrichment of suspended matter and associated trace metals in the waterbody. For Hg(total) increasing levels were recognised in several depth horizons of Station 271 in the Gotland Basin. Since 1995 a continuous stagnation period influenced the trace metal concentrations in the Gotland Basin below the halocline. Decreasing trends were observed for Cd(dissolved), Cu(dissolved), Pb(dissolved) and Zn(dissolved), which is due to the anoxic water conditions and the enrichment of unsoluble sulfide species in surface sediments. Also the waterbody above the halocline is characterised by slightly decreasing trends (not significant) over the passed 2-5 years for the dissolved phases of Cd, Cu, Pb and Zn. This is possibly a result of the so-called ”Manganese pump” at the redoxinterface in the watercolumn. To what extend the redox conditions of the deep water body have an influence on the quantitative trace metal export from the surface waterbody is unknown.

Abstract. Die Schwermetallsituation in der Ostsee im Jahre 2002: Wie in den Vorjahren wies die Schwermetallverteilung im Ostseewasser im Jahr 2002 keine deutlichen oder gesundheitsgefährdenden Veränderungen auf. Während der Ostseeüberwachungsfahrt im Februar 2002 wurden im Vergleich zu 2001 leicht erhöhte Konzentrationen für die gelösten und partikulären Anteile von Cadmium, Kupfer, Blei, Zink und Hg (gesamt) in der westlichen Ostsee registriert. Aufgrund der variablen Windsituation zur Zeit der Probenahme, ist dieses auf eine mehr oder weniger starke bodennahe Durchmischung der Wassersäule und den damit verbundenen Einträgen von feinkörnigen Oberflächensedimenten in die Wassersäule zurückzuführen. Die seit 1995 anhaltende Stagnationsperiode beeinflusst die Schwermetallverteilung im Tiefenwasser der Ostseebecken. Die gelösten Konzentrationen der Metalle Cd, Cu, Zn, und Pb stabilisierten sich unterhalb der Redoxgrenzschicht auf einem sehr niedrigen Konzentrationsniveau. Die Frage inwieweit die Elimination dieser Metalle durch die Bildung schwerlöslicher Sulfide im Tiefenwasser Einfluss auf die Schwermetallverteilung im Oberflächenwasser nimmt, kann in diesem Zusammenhang nicht beantwortet werden, da zur Zeit nicht bekannt ist, welcher schwebstoffgebundene Schwermetallanteil vom Oberflächenwasser quantitativ in den Tiefenwasserkörper eingetragen wird. Hinzu kommen diffusive Prozesse an den Grenzschichten, sowie strömungsbedingte Austauschprozesse.

Citation

Günther Nausch, Rainer Feistel, Hans Ulrich Lass, Klaus Nagel, Herbert Siegel: Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 2002. Meereswiss. Ber., Warnemünde, 55 (2003), doi:10.12754/msr-2003-0055 Christa Pohl, Ursula Hennings: Die Schwermetallsituation in der Ostsee im Jahre 2002. Meereswiss. Ber., Warnemünde, 55 (2003), doi:10.12754/msr-2003-0055

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