Meereswissenschaftliche Berichte No 3 1990 - Marine Science Reports No 3 1990
https://doi.io-warnemuende.de/10.12754/msr-1990-0003
doi:10.12754/msr-1990-0003
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Zur numerischen Vorticityanalyse mesoskaler Strom- und Massenfelder im Ozean = On Numerical Vorticity Analysis of Mesoscale Current and Mass Fields in the Ocean

Zahn, Wolfgang

Abstract. Die physikalische Ozeanologie ist gegenwärtig mit einer Vielzahl praktischer Anforderungen auf das Erkennen innerer Zusammenhänge in den Bewegungsvorgängen im Meer konfrontiert. Die Aktivitäten der praktischen Feldvermessung und der theoretischen Untersuchungen erstrecken sich über ein breites Spektrum von Raum- und Zeitskalen. Der Charakter der Ozeanologie hat sich im Verlauf der letzten Jahrzehnte drastisch verändert. Während um und nach der Jahrhundertwende die systematische Erkundung des "Weltmeeres" mit jeweils nur einem Schiff über eine Reihe von Jahren erfolgte, wie es beispielsweise die Expeditionen auf der "Discovery" (1901 - 1904) und auf der "Meteor" (1925 - 1927) belegen, konzentrieren sich gegenwärtig die Arbeiten auf komplexe Untersuchungsprogramme in regional begrenzten Arealen. Der NANSEN-Schöpfer und das Kippthermometer der "klassischen Meereskunde" wurden im allgemeinen durch rechnergestützte Sonden mit einer Vielzahl unterschiedlicher Sensoren auf frei driftenden Bojensystemen und auf modernen Forschungsschiffen zur Erfassung meteorologischer und ozeanologischer Parameter und nicht zuletzt durch die Methoden der kosmischen Fernerkundung ersetzt. Die Meßergebnisse stehen in einem unmittelbaren Vergleich mit leistungsfähigen Simulationsrechnungen. Auf diese Art und Weise wird ständig die Basis zum Erkennen neuer ungelöster Aufgabensteilungen gelegt. Der Zusammenschluß des verfügbaren technischen Potentials im Rahmen internationaler Forschungsvorhaben ermöglicht es, Gesetzmäßigkeiten zu finden, die dem Kopplungscharakter im System Ozean-Atmosphäre entsprechen. Dazu gehören beispielsweise die Programme Global Atmospheric Research Program Atlantic Tropical Experiment (GATE), First GARP Global Experiment (FGGE), TropicalOceans and Global Atmosphere (TOGA), World Ocean Circulation Experiment (WOCE), RASREZY usw. Auf nationaler Ebene können sich die Forschungsvorhaben nur auf ausgewählte Themen und Regionen beschränken, da das verfügbare technische und personelle Potential objektive Schranken vorgibt. Beispielsweise orientierte das Institut für Meereskunde der AdW der DDR seit etwa 1970 auf intensive Untersuchungen sowohl in der Ostsee als auch im Nordost- und Südwestatlantik sowie im Kanal von Mocambique. Im Ergebnis des bisherigen Kenntnisstandes kommt dem Verständnis der ozeanischen Randströmungen ein besonderer Stellenwert zu. Beispielsweise erzeugen die Passate in den Gebieten der Ostrandströmungen in den Subtropen Regionen, in denen extrem kaltes, sauerstoffarmes, aber nährstoffreiches Wasser aus intermediären Schichten in die lichtdurchflutete Wasserschicht gelangt. Dadurch existieren hier günstige ozeanographische Bedingungen für eine üppige Entwicklung von Phyto- und Zooplankton und somit für den Nutzfisch. Fragen zur raum-zeitlichen Variabilität des Strom- und Massenfeldes erhalten einen direkten Bezug für die ozeanologische Beratung zur Einsatzstrategie der Hochseefischerei. Aus all den genannten nationalen und internationalen Aktivitäten ist unschwer zu ersehen, daß die Untersuchungsmethoden der Ozeanographie sehr material- und kostenaufwendig sind. Günstig ist es, möglichst einfache physikalische Größen für die Analyse ozeanologischer Probleme heranzuziehen, die meßtechnisch ohne größere Probleme zu gewinnen sind. Derartige Meßgrößen sollten nach Möglichkeit auch Erhaltungsgrößen sein. Nur solche Parameter gestatten es, direkte Aussagen zur Kinematik und Dynamik von Prozessen abzuleiten. Eine dieser interessierenden Größen ist die potentielle Vorticity. Zuerst in der Meteorologie angewandt, konnten bereits STARR und NIEBURGER (1940) nachweisen, daß die Erhaltung der potentiellen Vorticity in der freien Atmosphäre näherungsweise erfüllt ist. Die allgemeingültige Formulierung wurde von ERTEL (1942) vorgelegt. Erst einige Jahre später wurde diese Gesetzmäßigkeit zur Aufgabenbearbeitung in der Ozeanologie herangezogen (beispielsweise STOMMEL, 1958). Vor allem in den letzten Jahren sind die Anstrengungen zum Verständnis der meso- und großmaßstäbiaen Zirkulation in erster Linie darauf gerichtet worden, die Erhaltungsgröße "potentielle Vorticity" als Zirkulationsindikator und zum Nachweis der Wassermassenausbreitung heranzuziehen. Als Beispiele mögen die Arbeiten von LUYTEN u.a. (1983) zu Ventilationsuntersuchungen der tieferen Schichten des tropischen Ozeans und von STRAMMA (1984) zur Strömungsproblematik im Nordostatlantik genannt werden. Eine wettere wichtige Eigenschaft dieser Untersuchungsgröße ist ihr dynamischer Charakter. Von HOSKINS u.a. (1985) sind die dynamischen Eigenschaften der potententiellen Vorticity als "Invertierungs-Prinzip" zusammengefaßt worden. Dieses besagt, daß bei bekannter raum-zeitlicher Verteilung der potentiellen Vorticity alle anderen dynamischen relevanten Felder, wie die des Windes oder der Strömungsgeschwindigkeit und das der Dichte, diagnostiziert werden können. Voraussetzung für die Invertierung der einzelnen Größen ist die Gewährleistung der geostrophischen Bilanz in den betrachteten Strom- und Massenfeldern. Beide Eigenschaften der potentiellen Vorticity, die Erhaltung und der dynamische Charakter dieser Größe, lassen sie auch als geeigneten Indikator für eine Einschätzung und Diagnose der mesoskalen Dynamik erscheinen. Voraussetzung für eine effektive Meeresforschung ist die allseitige Auswertung der Ergebnisse aus problemorientierten Meßstrategien. Diesbezüglich besitzen neben analytischen Problemlösungen die numerischen Auswerte- und Simulationsrechnungen eine heute nicht mehr zu negierende Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit wird das Ziel verfolgt, entsprechend der Aufgabensteilung mit unterschiedlichen numerischen Lösungsverfahrendas Stromfeld mit der daraus resultierenden Vorticityverteilung aus der beobachteten Massenfeldverteilung zu bestimmen. Aus diesen Ergebnissen lassen sich dann Aussagen über die prinzipielle Kinematik mesoskaler Strömungsfelder im Meer ableiten, die sowohl für ozeanologische als auch für praktische Nutzer von Bedeutung sind. Im Abschnitt 1.1. und 1.2. erfolgt eine kurze Darlegung der den Rechnungen zugrunde liegenden Bewegungsgleichungen bzw. Erläuterung der potentiellen Vorticity. Anschließend wird im Abschnitt 1.3. die inhaltliche Aufgabenstellung dieser Arbeit formuliert. Die Simulation des Stromfeldes im Kanal von Mocambique liefert im Abschnitt 2. ein Beispiel für die Wirkung der Bodentopographie auf die Vorticitystrukturen für jahreszeitlich variierende Windverhältnisse, während im Abschnitt 3. ein mesomaßstäbiges Massenfeld mit wirbelartigen Gebilden diagnostiziert wird. Die zusammenfassenden Schlußfolgerungen sind im Abschnitt 4. aufgeführt. Es sei darauf verwiesen, daß die in der Arbeit benutzten Symbole im Abschnitt 5. zusammengefaßt aufgelistet sind.

Citation

Wolfgang Zahn: Zur numerischen Vorticityanalyse mesoskaler Strom- und Massenfelder im Ozean = On Numerical Vorticity Analysis of Mesoscale Current and Mass Fields in the Ocean. Meereswiss. Ber., Warnemünde, 3 (1990), doi:10.12754/msr-1990-0003

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